Friday, 3 May 2013

Press

There is a description of the book on Schaufenster.Die Presse. If you read German, check it out!
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Sie sind allgegenwärtig, unübersehbar und sorgen bei Japan-Neulingen in den ersten Tagen eines Aufenthaltes wahrscheinlich für einige Gute-Laune-Schübe: die unzähligen Dinge, die an allen Ecken und Enden ihre unverwüstliche Liebreizendheit offenbaren – die freundliche Mayonnaise-Verpackung, die freundlichen Kekse, die freundlichen Snacks mit den großen Augen in der Bento-Box. Sie sorgen nämlich letzten Endes dafür, dass das Diktum vom „Land des Lächelns“ für den Besucher neue Bedeutungstiefe annimmt.

Während ja westlichen Designern, die sich auf die japanische Kultur beziehen, oftmals nichts Originelleres einfällt als Origami-Fältelungen und Geisha-Looks (die man auch schon im Paris des 19. Jahrhunderts, das ebenfalls äußerst „japonistisch“ aufgelegt war, hätte tragen können), gibt es im allerfernsten Osten ganz andere, viel aufregendere Gestaltungsvorlagen – zum Beispiel alles, was als kawaii gilt: Dieses Konzept ist so eng mit dem Leben (vor allem der jungen und weiblichen) Bewohner Japans verwoben, dass es als geradezu unübersetzbar gilt. Von passend und liebenswert über herzig, süß und schön bis hin zu süchtig machend kann „kawaii“ alles Mögliche bedeuten. Und es gibt zusätzliche Spielarten, etwa „guro-kawaii“ (grotesk-süß), „kimo-kawaii“ (unheimlich-süß) oder auch „busu kawaii“ (hässlich-süß). Wahrscheinlich braucht es ein ganzes (Teenager-)Leben in Japan, um alle Facetten dieser sich ins Unendliche erstreckenden Begrifflichkeit auch nur annähernd erfassen zu können.


Mit großen Augen. So quietschbunt und kunststoff-künstlich die meisten „Kawaii“-Kreationen daherkommen, gibt es das Konzept doch schon erstaunlich lange: Gemeinhin wird das Jahr 1914 als das Geburtsjahr angenommen, schreiben Manami Okazaki und Geoff Johnson in ihrem neu erschienenen Buch „Kawaii. Japan’s Culture of Cute“. Da eröffnete der Illustrator und Dichter Yumeji Takehisa ein mit seinem Sortiment auf eine Klientel artiger Schulmädchen ausgerichtetes Geschäft – das Angebot niedlicher Kleinigkeiten und hübsch aufgemachter Papierwaren war so erfolgreich, dass bald Nachahmer auf den Plan traten. Nachträglich lasse sich, so die Autoren, sogar die großäugige Ästhetik japanischer Mangas auf diese Sternstunde des Entzückenden zurückführen. Manche Erzeugnisse, die der Erwartungshaltung an Kawaiieskes entsprechen, wurden freilich auch außerhalb Japans zu Dauerbrennern: An erster Stelle ist in diesem Zusammenhang wohl „Hello Kitty“ zu nennen, die 1974 das Licht der Welt erblickte und bis zum heutigen Tag die Kassen ihres Mutterkonzerns Sanrio klingeln lässt. In immer neuen Varianten taucht sie auf, ist dabei natürlich immer als sie selbst erkennbar und durfte auch schon Linienbusse und Flugzeuge zieren. Hardcore-Fans sei übrigens, apropos Reisefreuden, eine Nacht in der „Hello Kitty“-Suite eines Hotels in Südkorea ans Herz gelegt, und überhaupt gibt es (von Regallösungen bis hin zu offenen Kaminen) wenig, das noch nicht Kitty-Form angenommen hat.
Stellvertretend für alle Kreaturen aus dem Umfeld des grotesken „guro-kawaii“ sei an dieser Stelle noch der Gloomy Bear erwähnt: Er ist nur auf den ersten Blick niedlich, und ungleich der so arg- wie harmlosen Kitty schlägt er seinem Besitzer in begleitenden Mangas schon einmal die Krallen in sein weiches Menschenfleisch. Weshalb sollte es sich schließlich im schier unüberblickbaren Reich des „Kawaii“ anders verhalten als in der Welt realer Personen: Auch da verbirgt sich schließlich unter einer süßen Oberfläche oft Schauerliches.